Pressemitteilungen
Kampagne 2013 gegen Zwangsheirat
20. November 2013
„Niemand kann zur Heirat gezwungen werden: Traue Dich Nein zu sagen.“ IMMA-Kampagne stellt junge Frauen und Männer, die von Zwangsheirat bedroht oder betroffen sind in den Mittelpunkt.
München, 21.11.2013: Gewalt im Namen der „Ehre“ hat viele Gesichter. Seit Oktober 2011 begründet eine Zwangsheirat in Deutschland einen Straftatbestand. Hierdurch signalisiert der Gesetzgeber, dass es sich nicht um die Einhaltung von „Ehre“, sondern um eine Gewalttat handelt – zumeist gegen Frauen. Deshalb hat IMMA im März dieses Jahres die Fachstelle Zwangsheirat gegründet, in der junge Frauen und junge Männer, die von einer Zwangsheirat bedroht oder betroffen sind, unterstützt werden. Mit der neuen Fachstelle ist IMMA jetzt in sieben Einrichtungen für die Belange von Mädchen und Frauen in München aktiv.
Die Kampagne von IMMA e. V. möchte den Betroffenen Mut machen, sich nicht zu verstecken, sondern NEIN zu sagen und sich professionelle Hilfe zu suchen. Die neu gegründete Fachstelle Zwangsheirat steht allen betroffenen jungen Frauen und Männern kostenfrei mit Rat und Tat zur Seite, denn Niemand kann zur Heirat gezwungen werden: Traue Dich Nein zu sagen. Wir helfen jungen Frauen und jungen Männern selbst zu entscheiden. Durch die Kampagne soll außerdem die breite Öffentlichkeit für das Thema Zwangsheirat sensibilisiert werden.
Der Fall von Hatice* illustriert exemplarisch die Not und Gewalt von jungen Frauen in Zwangsehen. Der Sozialdienst einer psychiatrischen Klinik fragt an, ob IMMA e. V. einer 20-jährigen jungen Frau mit türkischem Migrationshintergrund weiter helfen könne. Die Frau sei wegen Depressionen und Suizidversuch in Behandlung und stehe kurz vor der Entlassung. Sie wolle aber nicht nach Hause zurück, da sie in einer Zwangsehe lebe und vom Ehemann regelmäßig geschlagen und gedemütigt werde. Wenn sie zu ihm zurück müsse, werde sie wieder versuchen, sich das Leben zu nehmen.
Die Fachstelle Zwangsheirat unterstützt Betroffene zum Beispiel bei der Suche nach einer sicheren Unterkunft, wenn sie sich bereits auf der Flucht befinden, um so der Zwangsheirat zu entgehen. Im Vorfeld einer drohenden Zwangsverheiratung klären die Beraterinnen der Fachstelle mit den Betroffenen die Familiensituation und den Grad der Bedrohung ab. Viele Frauen sind verzweifelt und fühlen sich hin und her gerissen zwischen dem Impuls zu fliehen und zu bleiben. Oft wollen insbesondere junge Frauen – auch wenn sie die Heirat ablehnen – keinen radikalen Beziehungsabbruch mit Ihrer Familie. Ein Grund hierfür ist, dass die jungen Frauen außerhalb ihrer Familie und Verwandtschaft oft über kein eigenes soziales Netz verfügen. Darüber hinaus haben sie in der Familie nicht nur Schlechtes erlebt. In der Beratung von IMMA lernen sie Schritt für Schritt, wie sie diese Ambivalenzen auflösen können, welche Unterstützungsmöglichkeiten es außerhalb ihrer Familie gibt und welche Handlungsoptionen sich davon für Sie ableiten. (* Name geändert)
Pressekontakt: Sabine Wieninger, Geschäftsführerin, IMMA e. V., Jahnstraße 38, 80469 München, Tel. 089 / 23 88 91 – 41, E-Mail: sabine.wieninger@imma.de,
Internet: www.imma.de
Ergebnisse der Studie zur Zwangsheirat in Deutschland, November 2011:
Hrsg. Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Sie bezieht sich auf den Untersuchungs-zeitraum 2008. In der Realität kann von einer weitaus höheren Dunkelziffer von Betroffenen ausgegangen werden, da in der Studie professionelle BeraterInnen und nicht Betroffene selbst befragt wurden
(Anmerk. IMMA).
Ab dem 22. November sind Kampagnenplakate von IMMA in U-Bahnen und
U-Bahnhöfen zu sehen. Die Kampagne wurde mit freundlicher Unterstützung von Ströer Deutsche Städte Medien GmbH möglich. Außerdem wurde an alle Haupt- und Realschulen, Gymnasien und Berufsschulen in München Informationsmaterial versendet.
IMMA e. V. – Initiative für Münchner Mädchen – bietet Mädchen und jungen Frauen Hilfe bei unterschiedlichsten Problemstellungen. Gerade in Fällen von sexuellem Missbrauch und Gewalt ist rasche, unbürokratische und diskrete Hilfe gefragt. Wir beraten kostenfrei und bieten Zuflucht. Durch Therapiemaßnahmen helfen wir bei der Bewältigung und Aufarbeitung von Traumatisier-ungen. Darüber hinaus unterstützen wir Angehörige und Fachkräfte.
IMMA ist seit 1985 stetig gewachsen und kann auf langjährige Fachexpertise zurückgreifen. In sieben Einrichtungen setzen sich Mitarbeiterinnen für die Belange von Mädchen und jungen Frauen ein. Die Arbeit von IMMA wird durch städtische Gelder und Spenden finanziert.
Spendenkonto Nr. 780 38 01, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 700 205 00
- 3.443 Menschen waren von einer Zwangsheirat bedroht oder betroffen.
- 95 Prozent der Betroffenen waren Mädchen und junge Frauen,
- davon waren 40 Prozent zwischen 18 und 21 Jahre alt und
- 30 Prozent jünger als 17 Jahre.
- Fast alle Betroffenen hatten einen Migrationshintergrund, die meisten sind allerdings in Deutschland geboren.
- 44 Prozent der Betroffenen besaßen die deutsche Staatsbürgerschaft.
- Das häufigste Herkunftsland der Betroffenen war die Türkei mit 44 Prozent.