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IMMA eröffnet Fachstelle Zwangsheirat

30. April 2013

Im Oktober 2012 beschloss der Münchner Stadtrat einstimmig, IMMA e.V. mit der Einrichtung der Fachstelle zu beauftragen. Mitte März nahmen die Mitarbeiterinnen der Fachstelle Zwangsheirat ihre Arbeit auf: Als zentrale Fachstelle für Menschen, die von Zwangsheirat und Gewalt im Namen der Ehre bedroht oder betroffen sind. Das neue Angebot richtet sich sowohl an junge Frauen als auch an junge Männer, die gegen ihren Willen heiraten müssen oder das schon getan haben. Gleichermaßen können sich Fachkräfte aus sozialen Einrichtungen, Schulen und Behörden, die in ihrer Arbeit mit dem Thema konfrontiert sind, an die Fachstelle Zwangsheirat der IMMA wenden. Es handelt sich dabei um die erste Fachstelle dieser Art in Bayern. IMMA e.V. hatte bereits im Juni 2010 den Auftrag erhalten, in Kooperation mit dem Stadtjugendamt ein Konzept zu entwickeln, das nun als Grundlage für die Beschlussfassung diente.

Hintergrund
Die Betroffenen sind in vielen Fällen junge Frauen, aber auch Männer aus patriarchal geprägten Familienstrukturen, vor allem dann, wenn auf die Wahrung der Familienehre besonderer Wert gelegt wird. Diese Konstellationen kommen in allen Kulturkreisen vor und waren auch in Europa bis ins frühe 20. Jahrhundert üblich. Von Zwangsheirat sprechen Fachleute, wenn zumindest eine Ehepartnerin oder ein Ehepartner nach eigenen Aussagen gegen ihren oder seinen Willen eine Ehe eingeht oder eingegangen ist. Immer sind sie massiven Drohungen, Gewalt und psychischem Druck ausgesetzt -erst unter diesen Einflüssen kommt es meist zur tatsächlichen Verheiratung. Ausgewählte Einrichtungen in München (Jadwiga, Solwodi, Haus Hagar, IMMA) erfassen seit 2010 die Fälle im Bereich Zwangsheirat. Jährlich haben diese Stellen insgesamt ca. 100 Fälle von Zwangsheirat pro Jahr. Die Dunkelziffer dürfte hoch sein. Bereits in den ersten fünf Wochen, seit 15. März 2013, wurden sieben Mädchen und junge Frauen in der IMMA Fachstelle Zwangsheirat unterstützt und persönlich beraten, zum Teil befanden sich diese in einer akuten Krise, die sofortiges Handeln notwendig machte. Darüber hinaus nahmen 12 Fachkräfte Kontakt auf, um sich Rat zu holen. Es zeigt sich schon in der Kürze der Zeit, dass die Fälle sehr komplex sind und viel Zeit beanspruchen, auch weil mit mehreren Stellen kooperiert werden muss (z.B. Polizei, stationäre Unterkünfte, Bezirkssozialarbeit, Schule).

Neben der Beratungsarbeit und Krisenintervention leistet die IMMA Fachstelle Zwangsheirat auch Präventionsarbeit. Die Mitarbeiterinnen der Fachstelle sind Diplom-Sozialpädagoginnen mit weiteren Zusatzausbildungen, unter anderem als Traumafachberaterin, interkulturelle Trainerin und Systemische Beraterin. In Schulungen informieren und sensibilisieren sie Fachkräfte anderer Einrichtungen für den Umgang mit den betroffenen jungen Frauen und Männern. Darüber hinaus kooperiert die IMMA Fachstelle Zwangsheirat mit Expertinnen und Experten und Einrichtungen in ganz Deutschland.

Die IMMA Fachstelle Zwangsheirat bietet von Montag bis Freitag persönliche Beratung in ihren Räumen in der Goethestraße 47. Darüber hinaus beraten die Mitarbeiterinnen telefonisch unter 089/45 21 635-0. In jedem Fall kann man die Fachstelle zu den festen Telefonzeiten erreichen: Montag 14 bis 16 Uhr, Dienstag 10 bis 12 Uhr, Donnerstag 13 bis 15 Uhr. In akuten Krisenfällen bieten die Fachkräfte sofortige Unterstützung und suchen beispielsweise geschützte Unterkünfte für die Betroffenen.